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Sprung über den Ellerbach.

Famillje,
oder wie Hombes zu seinem Namen kam-



Karl-August Scherer, deutscher Sportpublizist beim Sport-Informationsdienst schrieb über den Weitspringer Karl Hornberger - den Hombes -:

Der erste Deutsche Meister in Kreuznachs langer Sportgeschichte.



Man nannte ihn >Hombes<, doch das erst in den Jahren seiner sportlichen Höchstleistungen.

Karl Anton Hornberger wurde am 30.März 1900, als viertes Kind des Schumachermeisters Jakob Hornberger und seiner Frau Henriette Hornberger in der damaligen Karl-Straße (heute Magister Faust Straße) geboren. Er war ein sehr schmächtiges Zwillingskind, sein Schwesterchen ist bei der Geburt verstorben. Karl Anton, wie er getauft wurde, wog bei der Geburt nur knapp 1000 Gramm und war, wie seine Mutter immer erzählte: „E’armseelich Kind.“

Sein ältester Bruder Christian war bei seiner Geburt bereits 18 Jahre alt und schon beim Militär, als das „Kallche“, so rief man ihn, auf die Welt kam. Sein zweiter Bruder Jakob war vierzehn und ging zur Konfirmation und seine ältere Schwester Emilie war neun Jahre, als sie bereits 1901 verstarb. Das zarte „Kallche“ wurde praktisch als Nachkömmling sehr verhätschelt, war auf Grund seines geringen Geburtsgewichtes immer „schmächtig“ und daher von schlankem Körperbau.

Damals fiel seiner Mutter Henriette besonders auf, dass das „Kallche“ immer krummere Beine bekam und ging mit ihm zum Doktor Hessel um ihn, wegen Karlchens Beinen zu konsultieren. Der erfahrene und stadtbekannte Doktor sah sich den Buben an und stellte fest: „ Frau Hornberger, Ihr Karlchen hat die Englische Krankheit! Eine, wie wir Ärzte sagen, Rachitis. Das ist eine Unterernährung der Knochen, die dadurch erweichen. Die Arme und besonders die Beine werden durch die körperliche Belastung krumm. Der Bub muss sich viel bewegen! Sie wohnen doch in der Karl-Straße, direkt am Ellerbach. Lassen Sie ihr Kind am Ellerbach spielen. Dort soll er viel über den Bach hüpfen, der ist ja unterschiedlich breit in seinem Bachbett. Der Bub wird’s schon können! Ja und geben Sie dem Kind jeden Morgen ein großen Löffel Dampflebertran. Den muss er nehmen, auch wenn der ihm nicht gut schmeckt!“

Mit dem ärztlichen Wissen um Karlchens Gesundheitszustand, ging die Mutter sorgenvoll nach Hause. Vom Tage an begann für das „Kallche“ ein spielerisches, intensives „Training“ am Ellerbach. Den Dampflebertran nahm er jeden Morgen nur mit Widerwillen und bei angehaltenem Atem, doch er schluckte ihn tapfer – und danach hüpfte er wie befohlen, täglich ein paar hundert Mal über den Ellerbach.

Im Oberlauf, unter der Ziegelbrücke fing sein „Revier“, wie er es nannte, an. Dort war der Ellerbach im Sommer und Herbst noch schmal, floss ohne zementiertes Bachbett der Nahe entgegen und der kleine Karl konnte mit seinen Spielkameraden Nachlauf mit Springen spielen.

Auch probierten sie: Wer kann von hier aus „iwwer di Bach hupse“?

Mit der Zeit wurden seine Sprünge weiter, weil das Übungsgelände, die Ellerbach breiter gewählt wurden. Er sprang mit Anlauf, mit beiden Beinen aus dem Stand und wenn er gut drauf waren, dann hickelte er auf einem Bein über den fließenden Ellerbach. Dass das ein oder andere Kind dabei in den Bach fiel, ließ sich nicht vermeiden, doch der Ellerbach war an keiner Stelle so tief, dass man hätte ertrinken können. Höchstens 30 Zentimeter hätte er Wasser geführt und das an seiner tiefsten Stelle, versicherte Karl Hornberger später, wenn er seine ungewöhnliche Sportlerlaufbahn erzählte.

Und immer größer sind die Abstände von Ufer zu Ufer geworden, Hickeln auf einem Bein war der Höhepunkt, wenn’s Springen gar zu einfach wurde. Ja und als das „Kallche“ mit den Jahren wieder gesund wurde, war aus ihm ein schlanker, an den Beinen mit dicken Muskelpaketen ausgerüsteter großer Bub geworden. Er hüpfte, flog und sprang aus Freude am Springen täglich über sein natürliches „Trainingsgerät“ Ellerbach.

Selbst am Bacheinlauf, dort wo der Ellerbach in die Nahe mündete und er schon sehr breit war, sprang Karl mit mächtigem Satz darüber.

Die Turner des Kreuznacher Turnvereins, die ihre Turnwiese hoch über der Ellerbachmündung hatten, sahen dem jungen Sprungtalent Karl Hornberger wohlwollend zu. Man beschloss, den kleinen Karl in den Verein aufzunehmen, wo er unter Anleitung von Sportwart Doll und später unter Sportlehrer Eugen Kramm sein Sprungtalent in Bahnen lenken sollte. Er wurde ein hochbegabter Leichtathlet, damals, noch vor dem Ersten Weltkrieg. Karl wurde auch auf grund seiner Schnelligkeit, seines geringen Gewichtes und den „Klötzern“ von Muskeln an den Beinen, ein schneller Läufer. Eine Grundvoraussetzung für seine späteren Weitsprungerfolge!

Karl Hornberger lief in seinen besten Jahren die Hundertmeter-Strecke in 10,6 Sekunden, Hubert Huben hielt in dieser Disziplin den Deutsch 100mtr-Rekord mit 10,3 Sekunden! Sein Sportsfreund Karl Heim war, wie er später erzählte, bis 5o Meter immer der schnellere Sprinter auf der hundert Meter Strecke. „Doch bei neunzig Meter, da hatte ich ihn!“ erzählte Karl oft lachend, wenn es um die Sprinterqualität seiner Beine ging und warum er so einen langen Anlauf zum Weitsprung brauchte. Sein Höchstgeschwindigkeit und damit die Abspunggeschwindigkeit, erreichte er erst bei ca. 45 Meter.

Das Übungsgelände für Kreuznachs Leichtathleten war damals nach dem 1. Weltkrieg die Pfingstwiese. Dort fanden auch die große Turnfeste in früheren Jahren statt. Auf der Pfingstwiese war es auch, als das „Kallche“, man nannte ihn jetzt kurz den „Hombes“, bei Regen und schlechtem Wetter seinen ersten Deutschen Weitsprungrekord aufstellte. Er war in dem Sommer 19 Jahre alt und sprang die größte Weite die ein deutscher Weitspringer bisher gesprungen hatte: 7,19Meter zeigte das Maßband. Da es Rekord war, wurde alles noch einmal vermessen, das war Vorschrift wegen der Rekord-Anerkennung.

Fußballmannschaft Kreuznach 07er mit Hornberger 1921


Karl Hornberger war seinerzeit auch ein überragender Fussballer. Auf grund seiner enormen Schnelligkeit schoss er die meisten Tor. Er spielte bei den 07ern, dem Vorgänger-Verein der heutigen „Eintracht“. Er spielte auf dem Posten des „Rechtsaußen“. In einer Saison, so erzählte Karl Hornberger, schoss er einmal von 60 erzielten Treffen 56! „Damals gab es die Abseitsregel noch nicht und bei passender Vorlage war der Ball drin!“ Das gab er immer zum Besten und wenn er gefragt wurde, warum er denn das Fußballspielen aufgegeben hätte, sagte er: „Leichtathletik und Fußballspielen passen nicht zusammen! Ich wollte Weitspringer werden, zumal ich ja den Deutsche Rekord in dieser Disziplin hielte.“ Auch als Handballer und Turner konnte er sich mit den Besten messen.

Handballer des VFL


Auch als Handballer und Turner konnte er sich mit den Besten messen.

Nun wurde der „Hombes“, man rief ihn immer so, weil der Ansporn beim Anlauf zum Sprung mit dem Ruf: „Karl“ zu kurz und mit „Horn-ber –ger“ zu lang gewesen wäre. „Hom-bes“ wa zweisilbig und passt als Anfeuerungsruf gut. „Alle zwei Schritte meinen Namen zu hörnen, das spornte schon an!“ erzählte der Karl, wenn er seinen Rufnamen >Hombes< erklären sollte. Woher dieser Name kam und wer in erfunden hatte, das wusste er nicht.

Seine Trainigsmethoden sind schnell erzählt und jedem der sie hören wollte sagte er: "Tainiert habe ich nicht übermäßig viel! Meine Grundschnelligkeit und die Sprungkraft war von Kindesbeinen an da. Sport, wie Kugelstoßen, Ball-Weitwurf und auch Turnen machte ich zwei Mal in der Woche abends, mehr nicht". Springen und Laufen nur bei den Wettkämpfen. Doch den Absprung vom Balken, der musste Trainiert werden! Dreißig bis vierzig Mal an einem Übungstag! Immer wieder wurden die Trainingsschuhe als Ablaufmarke verrückt bis der Absprung vom Balken „blind“ klappte. Der Anlauf musste rhythmisch eingeleitet werden, das war wichtig, damit man die „Setzmarken“ auch traf! Vier, fünf große, den Anlauf einleitende Gehschritte, folgten immer gleichmäßigen Anlaufschritten in Steigerung zu kleiner werdenden Schritte und dann, beim ersten Höhepunkt der Geschwindigkeit, etwas zehn Meter vor dem Absprung, musste eine am Rand liegende Marke mit dem Absprungfuß getroffen sein, danach „flog“ man „blind“ im Höchsttempo zum Absprungbalken, den man ungebremst und mit dem richtigen Fuß dann treffen musste.

Meine Technik war, (ich sprang mit beiden Fußen gleich gut, was ungewöhnlich ist) gegen das Absprungbrett stemmen, den Körper mit Armbewegungen noch vorne hochziehen, im Sprung dann weiterlaufen, (Bob Beamon sprang später genau so) in der Endphase des Sprunges mit einem Ruck die Beine nach vorne ziehen und mit Händen und Füßen in Vorwärtshaltung landen. Den Sprung etwas nach der Seite ziehen, da somit ein Rückfall verhindert wurde.“ Ess und Trainingsgewohnheiten hatte man zu diesen Zeiten noch nicht, man war froh, wenn man etwas nach den Kriegsjahren zu essen hatte, meinte Karl Hornberger. 1921 sprang Karl Hornberger seinen legendären „Deutschen Rekord“ mit 7,33 Meter. Er verbesserte bei den Deutschen Meisterschaften in Hamburg, wo er nur dritter wurde, seinen eigenen Deutschen Rekord um 14 Zentimeter.

Wegen der verpassten Meisterschaft ärgerte er sich sehr und meldete beim Kampfgericht neuen Deutschen Rekord an. Diese Möglichkeit hatten die damaligen Athleten mit drei weiteren Versuchen. Wie Karl Hornberger versicherte sprang er diesen Weitsprungrekord im „Rochus“, mundartlich Zorn. Nie mehr in seiner ganzen Sportlerlaufbahn ist „Hombes“ so weit gesprungen. Die Chancen, sich bei den Olympischen Spielen mit der Weltelite seiner Altersgenossen im Weitsprung zu messen, gab es für Hornberger nicht, denn nach dem ersten Weltkrieg war Deutschland 1920 und 1924 von der Teilnahme an den Spielen ausgeschlossen.

Wahrscheinlich wäre Karl Hornberger bei der Olympiade 1920 aufs Siegertreppchen gekommen, denn der Schwede Petterson gewann die Weitsprungkonkurrenz mit nur 7,15 m, einer Weite, die Hornberger schon vor seinem ersten Rekordsprung in Hamburg mit 7,19 m überboten hatte. Vier Jahre später, ebenfalls kurz vor den Olympischen Spielen 1924 sprang Hornberger bei einem Wettkampf in Aschaffenburg 7,5o m weit. Der Amerikaner de Hubbard hingegen gewann 1924 olympisches Gold mit einer Weite von 7,54 Metern.

Heute trägt Rudolf Hornberger den einstigen
„Spitznamen“
seines berühmten Vaters „Hombes“ weiter.



Unter >Hombes< veröffentlicht Rudolf Hornberger seine Mundartbücher und schreibt mundartliche Kolumnen im Oeffentlichen Anzeiger der Rheinzeitung und im Internet: hombes.wordpress.com.